May 7th, 20198 Min. Lesezeit

Wie Achtsamkeit bei nachhaltiger Konfliktprävention am Arbeitsplatz hilft


Achtsamkeitstraining hilft uns dabei, Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen. Im Gegensatz zu vielen Kommunikationsschulungen setzt es direkt an einer oft vernachlässigten Ursache an, nämlich unserer emotionalen Intelligenz. Die Fähigkeit, eigene und fremde Emotionen bewusst wahrnehmen zu können, ist der Schlüssel zu gesundem Kommunikations- und Konfliktverhalten.

Effektive Konfliktprävention verhindert emotional aufgeladene Konflikte und reduziert dadurch Stress

Als der neue Kollege, nennen wir ihn Tom, letzten Sommer eingestellt wurde, war die Stimmung zu Beginn sehr harmonisch. Alle kamen gut miteinander aus und waren motiviert.
Als das erste mal jedoch
Stress aufgrund eines knappen Termins aufkam, schrie eine ältere Kollegin, nennen wir sie Birgit, Tom vor versammelter Mannschaft an: Er hatte eine wichtige Aufgabe vergessen.

Lesen Sie hier, wie Sie effektiv Termindruck im Unternehmen reduzieren.

Nun war Tom ein netter, aber etwas schüchterner Zeitgenosse. Anstatt seinem Ärger Luft zu machen und Birgit zur Rede zu stellen, schluckte er alles herunter. Innerlich war er jedoch sehr verunsichert. Um seinem Ärger irgendwie Luft zu machen, begann er mit anderen über Birgit zu lästern. In Meetings sabotierte er selbst ihre guten Vorschläge. Schnippische Bemerkungen häuften sich. Nach ein paar Wochen begann das ganze Team die veränderte Atmosphäre zu spüren.
Als wieder einmal Stress aufkam, platzte Birgit nach einem schnippischen Kommentar von Tom der Kragen. Sie schrie ihn erneut mitten auf dem Flur an. Der eigentlich so nette Tom war darauf nicht vorbereitet. Im Eifer des Gefechts setzte er sich dieses mal zur Wehr. Er schrie, mit erstaunlich hoher Stimme, den angestauten Ärger heraus: Was Birgit sich einbilden würde, dass sie niemand leiden könne und er außerdem ihre Frisur hässlich fände…

Klingt nach einer stressigen Geschichte, nicht wahr? Der Stress ist nicht eingebildet: Emotional aufgeladene Konflikte gelten als einer der Hauptfaktoren für Stress am Arbeitsplatz. Vielleicht kennen Sie es auch persönlich: Sobald wir einen ungeklärten Konflikt mit unseren Partnern, Verwandten oder Kollegen haben, fühlen wir uns unwohl. Der Konflikt nagt an uns und begleitet uns häufig bis in den Schlaf.

Am Arbeitsplatz sind die Grenzen zum Mobbing dabei fließend. In solchen Fällen wirkt sich der entstandene Stress auf alle in der Abteilung aus. Auch Täter/innen und unbeteiligte Kolleg/innen sind maßgeblich davon betroffen.

Die Folgen sind ausschließlich negativ. Zunächst wären die gesundheitlichen Risiken zu nennen, die von Magen-Darm über Herz-Kreislauf Beschwerden bis hin zu Burnout und Depression reichen. Die Konzentration und die Arbeitsqualität sinkt. Motivation und Unternehmenskultur leiden nachhaltig. Auch juristische Konsequenzen sind nicht auszuschließen.

Wenn Sie in einer Situation wie der von Tom und Birgit als Führungskraft versuchen zu schlichten, ist das ungemein schwierig. Oft sind Führungskräfte aber auch selbst beteiligt. Dann müssen oft erfahrene Kommunikationsberater oder Mediatoren hinzugezogen werden. Wenn diese sehr gute Arbeit leisten, kann es dennoch gelingen, die Wogen noch zu glätten.

Häufig sitzt der Frust aber bereits zu tief. Der Konflikt schwelt schon zu lange unter der Oberfläche. Ressentiments bleiben dann auch nach einer offenen Aussprache bestehen.

Häufig müssen anschließend ganze Abteilungen umgeschichtet werden, einzelnen Mitarbeiter/innen gekündigt werden oder der Streit setzt sich vor Gericht fort.

Wie können wir also verhindern, dass es soweit kommt? Wie schaffen wir es, für nachhaltige Konfliktprävention am Arbeitsplatz zu sorgen?

Die 3 Prinzipien der Konfliktprävention

Kommen wir dafür im ersten Schritt auf Ulrich Krämer zu sprechen. Der Experte für Konfliktprävention spricht von drei zentralen Prinzipien, um Konflikte auszutragen oder gar nicht erst entstehen zu lassen:

1. Die Motive anderer verstehen

Gerade wenn wir uns angegriffen, verletzt oder kritisiert fühlen, neigen wir dazu, uns nur mit uns selbst zu beschäftigen. Oft drehen wir uns dann mit unseren Gedanken im Kreis. Wir verfallen in Selbstmitleid und nehmen vorschnell Dinge persönlich, die nicht so gemeint waren. Und wir neigen dazu, andere dafür zu verurteilen, dass sie diese Gefühle in uns auslösen.
Hier ist es hilfreich, die Perspektive zu wechseln. Wir sollten uns häufiger in andere hineinversetzen und versuchen zu verstehen, in welcher Lage sie sich befinden. Was sie gerade fühlen und was ihre Motive sind. Das heißt nicht, dass wir jedes Verhalten tolerieren sollten. Aber ein Verständnis für die Motive anderer hilft uns dabei, ihr Verhalten im Kontext realistischer einzuschätzen und nicht alles auf uns zu beziehen.

2. Selbstbewusstsein

Selbstbewusstsein meint kein großes Ego. Gemeint ist die Fähigkeit, realistisch einschätzen zu können, was Sie können – und wo Sie sich verbessern können. Wenn wir uns darüber bewusst sind, fällt es leichter, sachlich mit Kritik umzugehen. Wir wittern nicht hinter jedem zweideutigen Spruch einen persönlichen Angriff. Wir können destruktive persönliche Angriffe leichter von sachlicher und konstruktiv gemeinter Kritik unterscheiden. Außerdem fällt es uns leichter, unsere eigene Perspektive offen zu äußern.

3. Die Fähigkeit, Grenzen zu setzen

Damit ist die Fähigkeit gemeint, seine eigenen Grenzen zu kennen, sie kommunizieren und im Notfall auch verteidigen zu können. Häufig fällt uns das Grenzen setzen schwer, weil es “Nein” sagen bedeutet. Wir haben Angst, dabei die Gefühle anderer zu verletzen oder als unhöflich angesehen zu werden. Wenn wir allerdings keine Grenzen ziehen, werden wir von anderen oft als Fußmatte wahrgenommen und, bewusst oder unbewusst, ausgenutzt.

Kommunikation vs. Emotion?

Doch was ist mit der vielbeschworenen, guten Konfliktkommunikation? Viele Berater reden davon, wie wichtig gute Kommunikation ist. Und natürlich ist gute Kommunikation am Arbeitsplatz entscheidend, gerade bei der Prävention von Konflikten.

Was dabei aber oft vergessen wird, sind die emotionalen Voraussetzungen von Kommunikation. Bei nicht funktionierender Kommunikation, wie in unserer Geschichte, geht es häufig um etwas anderes: Die dahinter liegenden Emotionen. Es sind oft (unbewusste) Ängste und Kränkungen, die uns dazu verleiten, schlecht zu kommunizieren und wenig Empathie für andere aufzubringen.

Und diese Emotionen fließen anschließend direkt in unserer Kommunikationsverhalten ein. Ein Großteil der Kommunikation findet nicht verbal statt. Durch unsere Körpersprache, unseren Blick, unsere Gestik und Mimik sowie unsere Ausstrahlung im Allgemeinen kommunizieren wir mehr als durch Worte. Selbst wenn wir über das Telefon sprechen, kommunizieren wir auch über den Klang unserer Stimme. Und in diesen nonverbalen Signalen drücken sich unsere Emotionen aus. Andere Menschen spüren unsere Emotionen intuitiv. Mehr noch: Emotionen können sogar ansteckend sein.
Der Grund dafür sind die Spiegelneuronen in unserem Gehirn. Sie führen dazu, dass wir die Emotionen anderer Menschen in uns spiegeln und imitieren. Das können wir entweder bewusst oder unbewusst tun. Jeder von uns kennt es: Wir weinen nach traurigen Szenen in Filmen und wir lachen authentisch zusammen mit anderen, selbst wenn wir den Witz nicht verstehen. Wenn die Leute in unserem Umfeld selbstbewusst und optimistisch sind, tendieren wir dazu, auch selbstbewusst und optimistisch zu sein.

Daraus folgt:

Wir können Kommunikation nicht von den Emotionen der Kommunikationsteilnehmer trennen. Emotionale Intelligenz ist vielmehr eine zentrale Voraussetzung für gelingende Kommunikation.

Emotionale Intelligenz und die drei Prinzipien der Konfliktprävention

Was ist aber emotionale Intelligenz genau? Gemeint ist die Fähigkeit, eigene und fremde Gefühle bewusst wahrnehmen, verstehen und beeinflussen zu können. Emotionale Intelligenz ermöglicht es uns, bewusster zu erkennen, was andere fühlen und brauchen. So lernen wir, die versteckten und nonverbalen Signale von uns selbst und anderen besser zu lesen.

Von hier fällt es leicht, die Verbindung einer ausgeprägten emotionalen Intelligenz zu den drei Prinzipien erfolgreicher Konfliktprävention zu sehen:

Emotionale Intelligenz befähigt uns erstens dazu, die Motive anderer besser zu verstehen. Sie befähigt uns zu Mitgefühl und Empathie. So sind wir etwa in Konfliktsituationen mehr auf andere – und nicht ausschließlich auf uns selbst fixiert. Wir sind außerdem in der Lage, verdeckte und nonverbale Kommunikationssignale besser zu verstehen.
Kommen wir dazu nochmal auf unsere Anfangsgeschichte zurück: Wäre Birgit emotional intelligenter gewesen, hätte sie versucht, Toms Motive zu verstehen. Sie hätte wahrgenommen, dass ihn ihre aufbrausende Art verärgert und verunsichert. Das hätte sie gut verstehen können, denn Tom war ja neu im Unternehmen und kannte daher nicht alle Abläufe so gut wie Birgit selbst.

Emotionale Intelligenz führt zweitens zu einem höheren Selbstbewusstsein. Und zwar im wörtlichen Sinne, dass wir uns nämlich unseres Selbst, inklusive seiner Emotionen, Stärken und Schwächen, bewusster sind. So reagieren wir weniger emotional auf die Meinung von anderen. Wir ruhen mehr in uns selbst. Kritik können wir dadurch gelassener und objektiver bewerten.
Tom etwa hätte, statt in Unsicherheit und Ärger zu versinken, eher einordnen können, was an der Kritik von Birgit berechtigt – und was unberechtigt ist. Natürlich hatte er eine wichtige Aufgabe vergessen und dieser Vorwurf war inhaltlich durchaus berechtigt. Unberechtigt war allerdings die Art und Weise, in der Birgit diesen Vorwurf vortrug. Unberechtigt war auch die Härte ihres Urteils, weil Tom noch nicht lange im Unternehmen war.

Schließlich hilft uns emotionale Intelligenz drittens auch dabei, eigene und fremde Grenzen bewusst wahrzunehmen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass man sie anschließend kommunizieren kann. Nur so können wir verhindern, dass andere oder wir selbst Grenzen übertreten.
Dabei hilft uns die Fähigkeit einer guten Emotionsregulation. Sie stellt sicher, dass wir unsere verletzten Emotionen einerseits ernst nehmen und nicht aus ängstlicher Konfliktscheu verdrängen. Andererseits befähigt sie uns auch dazu, unsere Emotionen nicht zu dramatisieren und impulsiv zu werden.
Tom hätte so in unserem Beispiel etwa früh erkannt, dass Birgit mit ihrer unhöflichen Art seine Grenzen überschritten hatte. Er hätte also, ohne gehässig gegenüber Birgit zu werden, zeitnah ein offenes Gespräch mit ihr gesucht. Dort hätte er ihr empathisch, aber direkt mitgeteilt, wie er sich während des Meetings gefühlt hat. Er hätte ihr außerdem signalisiert, dass er sich wünschen würde, dass Birgit in Zukunft Kritik in anderer Form äußert.

Achtsamkeitstraining zur Stärkung der emotionalen Intelligenz

Die gute Nachricht: Emotionale Intelligenz lässt sich trainieren.

Dank der anpassungsfähigen Struktur unseres Gehirns, auch Neuroplastizität genannt, lässt sich emotionale Intelligenz trainieren wie jeder andere Muskel unseres Körpers. Und: Dafür ist es nie zu spät!

Die Steigerung unserer emotionalen Intelligenz ist eine der vielen positiven Wirkungen von Achtsamkeitstraining. Durch Achtsamkeitstraining intensivieren wir gezielt unsere bewusste Wahrnehmung für eigene und fremde Emotionen. Wir schärfen nachweisbar unser Bewusstsein für die Aktivität der oben genannten Spiegelneuronen. Die dafür benötigten neuronalen Verbindungen werden systematisch trainiert – wie beim Training der Brust- oder Armmuskulatur. So werden wir automatisch kompetenter in den drei Prinzipien der Konfliktprävention. Nebenbei fühlen wir uns wohler, gelassener und sind besser gelaunt.

Erfahren Sie hier mehr über die Vorteile von Achtsamkeitstraining für Unternehmen.

Natürlich geschieht das nicht von heute auf morgen. Dazu braucht es, ähnlich wie beim Sport, systematisches und regelmäßiges Training. Achtsamkeitstraining ist kein Wundermittel, das über Nacht alle Ihre Probleme und Konflikte löst. Wenn wir aber dabei bleiben und es in den Unternehmensalltag integrieren, ist der Nutzen für die Konfliktprävention enorm. Das ist einer der Gründe, warum unter anderen Google, SAP und Twitter seit längerem Achtsamkeitstraining fest in ihre Personalentwicklung integriert haben.

Um ein letztes mal auf Tom und Birgit zurückzukommen, dieses mal unter der Annahme, dass sich beide vorher in Achtsamkeit geübt hätten: Es hätte keinen Stress und kein Drama gegeben. Schon zu Beginn ihrer Außeinandersetzung wären Tom und Birgit durch gezieltes Achtsamkeitstraining in der Lage gewesen, ihre Differenzen gelassen auszuhandeln. Vielleicht wären beide sogar Freunde geworden. Aber das ist eine andere Geschichte.

Wenn Sie an einer einfachen und digitalen Lösung für Achtsamkeitstraining interessiert sind, kontaktieren Sie uns gerne bei Mindance. Wir sind ein junges Start-up aus Leipzig und helfen Ihnen in allen Fragen rund um Achtsamkeit weiter. Unsere App bietet Ihnen individuell zuschneidbare Trainingspläne und ein Data Dashboard, das speziell auf den Einsatz in Unternehmen zugeschnitten ist. Wir freuen uns auf Sie!

Lukas Stenzel

Co-Founder & CSO

Hol dir die App

Die Mindance App ist kostenlos erhältlich und ermöglicht dir, deinen individuellen Trainingsplan zu erstellen um dein Wohlbefinden zu steigern. Außerdem stehen dir kurze Übungen zur Verfügung, die dich an stressigen Tagen unterstützen, dir beim Abschalten helfen oder einfach nur zum entspannen.

App Store
Play Store